Der European Accessibility Act: Bekanntes Prinzip, neue Pflichten? 

In einer zunehmend digitalen Welt ist der gleichberechtigte Zugang zu Technologien entscheidend für die gesellschaftliche Teilhabe. Um die Barrierefreiheit zu gewährleisten und weiter zu fördern, wurde 2019 der European Accessibility Act (EAA) verabschiedet, welcher per 28. Juni 2025 in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Was genau bedeutet das für Unternehmen – insbesondere auch jene in der Schweiz?

Der EAA zielt darauf ab, die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen in der gesamten EU zu verbessern. Dies betrifft unter anderem den Onlinehandel (z.B. Onlineshops, Terminbuchungen, Kontaktformulare u.ä.), aber auch persönliche Geräte wie Computer und Smartphones, öffentliche Dienstleistungen wie Geldautomaten, Billettautomaten, öffentliche Verkehrsmittel und Bankdienstleistungen.  

Für wen gilt der EAA? 

Innerhalb der EU gilt der EAA für alle Unternehmungen, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Je nach Mitgliedsstaat gibt es Ausnahmen für kleine Unternehmungen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von unter zwei Millionen Euro. Die Regelungen sind aber in jedem Land anders.  

Der EAA gilt zudem für Unternehmen ausserhalb der EU, die in der EU Dienstleistungen erbringen oder Produkte an verkaufen. Ein in der Schweiz betriebener Online-Shop beispielsweise, der auch an Personen in der EU liefert, muss die Anforderungen an die Barrierefreiheit gemäss EAA erfüllen.  

Was sind die Konsequenzen, wenn man sich nicht an den EAA hält? 

Mit dem EAA ist digitale Barrierefreiheit nicht mehr nur ein Nice-to-have-Feature, sondern eine rechtliche Verpflichtung. Unternehmen, die sich nicht an den EAA halten, setzen sich je nach Land unterschiedlichen Risiken aus. So sind etwa Geldstrafen von bis zu 100’000 Euro oder andere Sanktionen möglich. In einzelnen Ländern werden Unternehmen von Beschaffungsvorgängen ausgeschlossen, wenn ihre Produkte und Dienstleistungen nicht barrierefrei sind.  

Obwohl betroffene Personen mit dem Inkrafttreten des European Accessibility Acts gegen Unternehmen klagen können, wird sich erst mit der Zeit zeigen, wie klagefreudig Nutzer:innen sein werden. Auf jeden Fall werden betroffene Personen ihrem Umfeld über unzugängliche Angebote und Dienstleistungen erzählen. Neben dem rechtlichen und wirtschaftlichen Schaden kann die Nichteinhaltung zu einem enormen Image-Verlust führen. 

Panikmache oder realer Handlungsbedarf? 

Viele Unternehmen sind nun besorgt, dass sie bis 2025 nicht genug Zeit haben, alle Anforderungen des EAA zu erfüllen. Aber der EAA wurde bereits 2019 verabschiedet, und wer sich in den letzten Jahren um Barrierefreiheit bemüht hat, kann dieser «neuen» Richtlinie gelassen entgegenblicken. Für unsere Kund:innen bedeutet dies: Sie sind gut gerüstet! Unsere Audits und Reviews basieren auf den WCAG 2.1, welche auch der EAA referenziert, und wer sich in der Vergangenheit um WCAG-Konformität bemüht hat, ist auf der sicheren Seite. Für Unternehmen, die bisher wenig mit Barrierefreiheit zu tun hatten, wird es jedoch höchste Zeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.   

Barrierefreiheit als Chance 

Natürlich bedeutet der EAA zunächst Anpassungsbedarf. Langfristig eröffnet er jedoch neue Chancen:  

  • Erschliessung neuer Märkte: Barrierefreie digitale Angebote erreichen eine breitere Zielgruppe, darunter auch die wachsende Gruppe älterer Internetnutzer:innen. 
  • Verbesserung der User Experience: Barrierefreie Websites sind oft übersichtlicher und benutzerfreundlicher für alle Nutzenden, nicht nur für Menschen mit Behinderungen. 
  • Stärkung der Markenwahrnehmung: Unternehmen, die sich für Barrierefreiheit einsetzen, werden als sozial verantwortlich wahrgenommen. 
  • Innovationsförderung: Die Auseinandersetzung mit Barrierefreiheit kann zu kreativen Lösungen und Innovationen führen, die allen Nutzenden zugutekommen. 
  • Rechtliche Sicherheit: Mit der Umsetzung des EAA sind Unternehmen gut für zukünftige rechtliche Anforderungen gerüstet. 

Was sollten Sie jetzt tun? 

In einem ersten Schritt empfehlen wir Ihnen, sich einen Überblick zu verschaffen: Lassen Sie Ihre Website, Applikationen und digitalen Angebote durch eine unabhängige Organisation testen. Wir bei «Zugang für alle» bieten verschiedene Lösungen, um Sie bei diesem Prozess zu unterstützen: In einem Review erstellen wir eine erste Bestandesaufnahme der digitalen Barrierefreiheit. In einem Audit überprüfen wir die Konformität mit den WCAG 2.1 auf der Stufe AA. Nach einem Audit und der Behebung aller im Audit identifizierten Barrieren ist auch eine abschliessende Zertifizierung möglich. 

In öffentlichen Kursen oder massgeschneiderten Firmenschulungen sensibilisieren wir Ihre Mitarbeitenden für das Thema Accessibility. Wir vermitteln Wissen zur Umsetzung von Barrierefreiheit und fördern das Verständnis für die verschiedenen Nutzergruppen. Dadurch können Sie das Thema in verschiedenen Bereichen Ihres Unternehmens verankern und Barrierefreiheit langfristig sicherstellen – denn Barrierefreiheit ist ein Marathon und kein Sprint.  

Wir empfehlen, nach einem Audit eine Barrierefreiheitserklärung auf Ihrer Website zu veröffentlichen. In dieser Erklärung halten Sie fest, was Sie unternommen haben, um die Barrierefreiheit zu verbessern, welche weiteren Massnahmen Sie treffen werden und an wen sich Personen wenden können, wenn Sie auf Barrieren stossen. 

Was sollten Sie nicht tun? 

Wenn Sie sich zuvor nie mit digitaler Barrierefreiheit beschäftigt haben, fühlen Sie sich vielleicht überfordert. Schnelle Lösungen und Angebote von Agenturen oder Software-Anbietenden können dann sehr verlockend klingen. 

Wir möchten deshalb nochmals betonen, dass es keine schnellen Lösungen gibt: Wie bereits erwähnt ist die Umsetzung von Barrierefreiheit kein Sprint, sondern ein Marathonlauf.  

Wenn Sie eine Agentur oder einen anderen Dienstleistungsanbieter damit beauftragen möchten, Ihr Angebot hinsichtlich Barrierefreiheit zu prüfen oder bestehende Barrieren zu beheben, legen wir Ihnen nahe, Referenzen einzuholen. Engagieren Sie nur Agenturen mit nachgewiesener Erfahrung, damit es keine bösen Überraschungen gibt, die in Zusatzaufwand und –kosten resultieren. 

Es gibt zahlreiche Tools auf dem Markt, um Accessibility automatisch zu testen. Diese Tools können helfen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Sie ersetzen aber nicht manuelles Testen durch Personen mit fundierten WCAG-Kenntnissen. 

Auch so genannte Accessibility Overlays versprechen eine schnelle Lösung: Mit dem Hinzufügen einer einzigen Code-Zeile sollen alle Accessibility-Probleme automatisch behoben sein. Wir raten ausdrücklich davon ab, solche Overlays zu nutzen, da sie erfahrungsgemäss die Zugänglichkeit nicht verbessern, sondern eher verschlechtern. Insbesondere versprechen diese Lösungen eine falsche Sicherheit. 

Fazit: Barrierefreiheit ist ein kontinuierlicher Prozess 

Der EAA fordert, digitale Angebote inklusiv und für alle Menschen zugänglich zu gestalten. Mit unserer Unterstützung können Sie diese Herausforderung meistern und gleichzeitig von den vielfältigen Vorteilen der digitalen Barrierefreiheit profitieren. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, Ihre digitalen Angebote zukunftssicher und für alle zugänglich zu machen. 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .