Grippe und Barrierefreiheit

Die Temperaturen sind kälter geworden und somit ist auch die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Grippeinfektion am ansteigen. Nachdem mein sprechendes Fieberthermometer, welches ich über einen Hilfsmittelversand bezogen hatte kaputt ging, habe ich mich auf die Suche nach einem neuen Gerät gemacht.
Tisch mit Nastüchern, einer Tasse und einer Brille

Dies ist für mich als Blinder keine einfache Aufgabe, denn die meisten Apotheken verkaufen keine sprechenden Thermometer. Ich habe im Internet geschaut, ob es vielleicht ein Gerät gibt, welches eine Schnittstelle zu einem Smartphone hat. Dies würde es ermöglichen, ein Thermometer zu benutzen, ohne das Display lesen zu müssen. Damit so etwas funktioniert, müsste natürlich auch die entsprechende App barrierefrei sein.

Auf der Suche ist mir ein Thermometer von Beurer mit Infrarotmessung und integrierter Sprachausgabe begegnet. Ein Vergleich auf www.toppreise.ch hat gezeigt, dass das Produkt meiner Begierde am günstigsten bei www.microspot.ch verfügbar ist. Ich habe natürlich direkt die Webseite aufgerufen und versucht das Gerät zu bestellen.

Die erste Hürde kam bereits bei der Navigation, die Kategorien waren nur mit der Maus anwählbar. Ich bat also meine Freundin mir den Direktlink zum Artikel zuzusenden, damit ich anschliessend den Bestellprozess selbstständig abschliessen kann. Es war schon kaum möglich den Artikel in den Warenkorb zu legen. Nach etwa 30 Minuten ist mir dies endlich gelungen, wobei ich hier auf Tricks zurückgreifen musste, die ich durch meine tägliche Arbeit als Accessibility-Consultant kenne. Nun war der Bestellprozess an der Reihe. Hier habe ich ein Formular angetroffen – ohne Labels. Ich habe also versucht die Angaben einzufüllen. Ich habe alle möglichen und unmöglichen Kombinationen versucht, leider ohne Erfolg. Ich wusste nach zwei Stunden immer noch nicht was falsch gelaufen war. Eine Rücksprache mit Arbeitskollegen hat gezeigt, dass Fehlerhinweise in einer Lightbox angezeigt werden und zusätzlich mit Farben gekennzeichnet sind. Lightboxen müssen zugänglich programmiert werden, damit diese mit Screenreader funktionieren. Ebenfalls müssen fehlerhafte Eingaben zusätzlich mittels eines versteckten Texthinweises angezeigt werden.

Lightbox mit Fehlermeldung (mit Screenreader nicht sichtbar)

Ich habe nun das Gerät nicht bestellt. Dieser Shop ist für mich überhaupt nicht nutzbar und ich bin somit gezwungen das Gerät bei der Konkurrenz zu kaufen, denn die haben ein Ladengeschäft. Allerdings bin ich  auch gezwungen den doppelten Preis zu bezahlen. Barrieren im Web schränken also die Marktfreiheit deutlich ein.

Ich hoffe, dass Onlinehändler erkennen, dass ein barrierefreies Angebot nicht nur soziales Engagement, sondern auch mehr potentielle Kunden bedeutet und zwar deutlich mehr, wenn man davon ausgeht dass in der Schweiz etwa 1,4 Millionen Menschen mit einer Behinderung leben (Quelle: BFS).

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