Mohamed Sherif: Er ist der blinde Hobby-Surfer

Noch vor wenigen Jahren glaubte Mohamed Sherif, er würde nie mit computern arbeiten können. Heute gehört das Surfen im Internet zu seinen Lieblings-Hobbies - trotz seiner Behinderung. Im Interview erzählt der 17-jährige Blinde von seinen Erfahrungen mit Elektronik, Technologie und sehenden Mitmenschen.

Leben mit Technik

Mohamed Sherif ist 17 Jahre alt. Mit etwa drei Jahren verlor er sein Augenlicht und ist seither vollständig blind. Er lebt mit seinen Eltern und fünf Geschwistern in Zürich Altstetten und besucht die SFS (Schule für Sehbehinderte) in Zürich. Fragt man ihn nach seinen Hobbies, antwortet er wie die meisten Leute aus seiner Generation: «Ich verbringe jeden Tag mehrere Stunden am Laptop und surfe sehr gerne im Internet; ausserdem mag ich Hip-Hop-Music und gehe oft mit meinen Kollegen aus».

Mohamed Sherif

Erst vor etwa vier Jahren fing er an, mit Computern zu arbeiten. «Früher hätte ich nie geglaubt, dies eines Tages zu können. Wir hatten damals zwar schon einen Computer zu Hause, darauf waren aber keine Hilfsmittel eingerichtet. Als wir vor etwa sieben Jahren von Deutschland in die Schweiz umzogen, lernte ich erst viele technische Hilfsmittel für blinde kennen und wurde begeistert von der Arbeit mit Computern. Die Schweiz ist ein sehr technisches Land mit vielen Möglichkeiten».

Unglaublich, aber wie alle Jugendlichen

Er surft im Internet, genau wie die Mehrheit seiner Generation. «Ich mache im Internet genau das gleiche, was die anderen auch machen. Chatten (etwa mit MSN), YouTube-Videos ansehen und so weiter. Ich bin zwar nicht auf Facebook, aber auf Netlog. Wenn mich ’sehende› Menschen beobachten, sind sie oft fasziniert, wie ich mit PCs umgehe. Andere Menschen, die mich schon kennen, finden es normal und selbstverständlich.»

Um den Bildschirm seines computers zu lesen, nutzt Mohamed JAWS For Windows, ein Screenreader, welcher ihm den Text auf Internetseiten vor liesst oder auf seiner Braillezeile anzeigt. «Wenn ein Blinder im Internet surfen will, muss er mit JAWS umgehen können. Seiten können noch so gut sein – wer mit JAWS nicht umgehen kann, kommt damit nicht zu Recht. Die einzigen Seiten, die für mich nicht zugänglich sind, sind jene mit Bildern, wenn JAWS «Image» sagt etc. Auch unmöglich sind CAPTCHA Bilder (die visuellen Codes, die man oft eingeben muss, wenn man sich für Foren registriert). Aber dank dem neuen WebVisum lassen sich auch diese auflösen».

Die wahre Barriere: Fehlendes Wissen

Sein JAWS-Wissen hat sich Mohamed selbst angeeignet. Er kritisiert denn auch nicht unbedingt die Webdesigner, sondern die Anbieter und Supporter von Hilfsmitteln: «Screenreader sind ähnlich wie Autos: Du musst sie anwenden können. Was es braucht, ist mehr Unterstützung, besseres Training. Ich glaube nicht, dass sich jeder alles selbst beibringen könnte». Bei mir in der Schule hat es zwei Jugendliche, die nicht im Internet Informationen suchen können, weil sie nicht wissen, wie das geht. Ich habe nun angefangen, ihnen Unterricht zu geben und könnte mir vorstellen, noch mehr Personen zu unterrichten».

Von Screenreadern ist er allerdings begeistert: «Den JAWS-Programmierern möchte ich sagen, dass sie etwas grosartiges geleistet haben. Man kann damit als Blinder fast alle Programme bedienen und das ist super. Klar gibt es immer etwas zu verbessern, aber ich bin schon jetzt begeistert.»

Seine Tipps für Blinde

«Wenn ich auf eine Website gehe, schaue ich zunächst, ob es eine Überschrift gibt, denn oft wird eine Überschrift von Text gefolgt. Auch empfehle ich allen Blinden, WebVisum auf dem PC zu installieren, um CAPTCHAS lösen zu können».

Seine Anliegen an Webdesigner

Auf CAPTCHAS angesprochen, kommen Mohamed auch Anliegen für Webdesigner in den Sinn; es gibt nämlich Möglichkeiten zur CAPTCHA-Einbindung, welche auch ohne WebVisum gelöst werden können. «Ich sah schon Webseiten, welche eine einfache Rechen-Aufgabe stellen (etwa ‹zwei Mal Neun›) oder eine Frage des Allgemeinwissens beantworten lassen (‹welches ist die Hauptstadt Italiens?›)
Generell sollten Grafiken gemieden oder verständlich Beschriftet werden.

Selbständig in die Zukunft

Mohamed’s Geschwister und seine Eltern können alle sehen. Insbesondere seine Mutter hilft ihm oft im Alltag. Mohamed glaubt aber, dass er eines Tages eine eigene Wohnung haben werde, wenn auch eher nicht alleine. «Das ginge zwar eigentlich schon, aber ich brauche gerne ein wenig Gesellschaft. Darum würde ich wohl eher in eine WG ziehen».

Nach der 9. Klasse will Mohamed (vermutlich an der Sehbehindertenhilfe Basel) das KV absolvieren.
Danach könnte er sich vorstellen, etwas mit Informatik zu machen, etwa Applikations-Entwickler, wie es seinem Traum entspricht.

3 Kommentare zu “Mohamed Sherif: Er ist der blinde Hobby-Surfer

  1. Good post. I learn something new and challenging on sites I stumbleupon every day. It will always be exciting to read content from other authors and practice a little something from other sites.

  2. MOHAMED JETZT:
    Mohamed hat die Schule fertig gemacht.
    Er hat die Informatik-Lehre «Applikations-Entwickler» erfolgreich abgeschlossen. 🙂
    Er hat seine Ziele genau so umgesetzt wie er es geplant hatte.
    Ein grosses Komplement an MOHAMED. 🙂

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