Schon seit längerem gibt es ein Projekt, welches für genau diese praktischen Probleme eine Lösung bereit hält. Die Idee trägt den Namen ‹KlickBlick› (oder, im internationalen Gebrauch, ‹See4Me›); an der diesjährigen Sight City, der Blinden-Hilfsmittelausstellung in Frankfurt, wurde die neueste Weiterentwicklung, eine Version für Mobiltelefone, vorgestellt. Zeit für uns, Ihnen zu zeigen, wie Sie entweder anderen Ihre Augen zur Verfügung stellen oder sich welche ausleihen können.
Es geht ganz einfach: Die Kombination von moderner Technologie und hilfsbereiten Menschen
Aus technischer Sicht handelt es sich bei KlickBlick um eine einfach gehaltene Software zur Video-Telefonie. Es gibt sie in zwei Versionen: Eine für Blinde (im KlickBlick-Jargon ‹Frager› genannt) und eine für Sehende (‹Blicker›). Die Software läuft üblicherweise im Hintergrund, so dass sie das normale Arbeiten mit dem Computer nicht beeinträchtigt. Klicken Sie auf diesen Link, um sich und Ihren Computer für KlickBlick startklar zu machen!
Braucht eine blinde Person hilfe, löst sie über die Klickblick-Software eine entsprechende Anfrage aus, was widerum den Blickern signalisiert wird. Die Blicker können entscheiden, ob sie eine Anfrage entgegen nehmen wollen oder nicht – hat man etwa gerade keine Zeit, wird der Anruf automatisch einem anderen Blicker weiter gereicht, bis eine verfügbare Person gefunden wird. Nun können sich Frager und Blicker miteinander unterhalten – entweder über eine Sprachverbindung (logisch, dass in dem Fall ein Headset empfohlen wird) oder über einen simplen Text-Chat. Das eigentliche ‹Ausleihen› der Augen geschieht, sobald die blinde Person dem sehenden Gesprächspartner ein Bild überträgt. Die Bilder (also Aufnahmen von Webcams, Scannern oder dem eigenen Desktop), werden dem Blicker unmittelbar angezeigt und können von diesem beschrieben werden.
Mit der Technik alleine ist es also noch nicht getan. Der wohl wichtigere, menschliche Teil des Projektes ist die schlichte aber kraftvolle Hilfsbereitschaft von Sehenden, den Blinden das zu leihen, was sie nicht haben. Diese Kombination aus HighTech und Hilfsbereitschaft hat tatsächlich das Potential, das Leben blinder Menschen zu verändern.
Gute Idee. Aber neu?
Erstaunlich ist, dass sich KlickBlick, dem einfachen Konzept zum Trotz, noch immer nicht wirklich durchsetzen konnte. Anfang Mai etwa hatte das Netzwerk gerade mal 90 registrierte Frager – und von diesen gehört nur ein Bruchteil zu den wirklich aktiven Nutzern der Software.
Dabei ist KlickBlick gar nicht mehr so neu, wie man vielleicht denken könnte: Schon im Jahre 2000 wurden, inspiriert vom damaligen Boom der Peer-To-Peer-Netzwerke, erste Tests zur Realisierbarkeit des Dienstes durchgeführt. Ein Jahr später war KlickBlick online.
Die ersten Jahre waren offenbar von technischen Problemen, unter anderem verursacht durch Computer-Hacker, geprägt. Der Service konnte zeitweise nur eingeschränkt oder gar nicht genutzt werden. Webcams und stabile Internetverbindungen mochten verfügbar sein, waren aber noch lange nicht standardmässig überall vorhanden – auch dies trug zum anfänglichen Misserfolg bei.
Inzwischen hat sich all dies aber verändert. Schon seit 2005, als die Server-Infrastruktur von KlickBlick neu gestaltet wurde, laufe der Dienst ohne nennenswerte technische Probleme. Und dass Internetverbindungen und Webcams billiger und besser geworden sind, braucht hier kaum noch erläutert zu werden.
Heute kann man sich fragen, warum sich das Interesse an KlickBlick gerade unter blinden Menschen so gering hält. Natürlich haben wohl viele einfach noch nie davon gehört – vielleicht ändert sich dies ja nach Erscheinen dieses Artikels? 🙂
Ein anderer Grund ist wohl, dass KlickBlick häufig dann gebraucht wird, wenn der Frager gerade nicht am Computer sitzt. Oder um es mit den zu Beginn erwähnten Beispielen auszudrücken: Der Aufwand, eine Sammlung Konservendosen ins Büro zu tragen, dort womöglich zunächst den Computer zu starten und dann eine Weile auf einen Blicker zu warten, scheint vielen wohl eher übertrieben.
Die Innovation geht weiter: KlickBlick kommt aufs Mobiltelefon
Die Neueste KlickBlick-Version, an der Sight City als Prototyp vorgestellt, wird diesen Aufwand entscheidend verringern: Blinde Frager sollen sich das Produkt nun auch direkt auf ihrem Mobiltelefon installieren können. Ist die offizielle Version einmal verfügbar (der Hersteller gibt an, dass dies noch in diesem Jahr der Fall sein soll), könnte dies der Idee zum lange verdienten Durchbruch verhelfen. KlickBlick Mobile könnte etwa bereits verfügbare Produkte zur Texterkennung, wie das neue TextScout, ergänzen, indem es dann zum Einsatz käme, wenn eine klassische OCR Software nicht mehr ausreicht, um eine Vorlage zu erkennen.
Der Weg an dieses Ziel scheint aber noch weit: Zum Einen gilt es, noch einige technische Hindernisse zu überwinden, um ein wirklich einsatzfähiges Produkt veröffentlichen zu können. Zum Anderen stellt die Umsetzung der mobilen Lösung natürlich einen gewaltigen finanziellen Aufwand dar.
Und jetzt zu Ihnen
Die Vereinigung ‹KlickBlick Plus› E.V., welche gegründet wurde, um die Verbreitung und Entwicklung von KlickBlick zu Fördern, ist darum ständig auf der Suche nach Sponsoren, die das Projekt finanziell unterstützen können. Spendenbeträge in jeder Höhe werden gerne entgegen genommen. Die Nutzung von KlickBlick selbst ist hingegen kostenlos.
KlickBlick ist also durch und durch ein von der Gemeinschaft abhängiges Projekt, bei dem alle mitmachen können. Je mehr Leute dabei mitmachen, desto besser wird die Dienstleistung. Haben Sie KlickBlick bereits installiert? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Oder was hält Sie davon ab, anderen Ihre Augen zu leihen?