Bei Barrierefreiheit geht es um mehr als ein Preisschild

Mit einer Kampagne sensibilisiert der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV) für das Thema digitale Barrierefreiheit. Darüber berichteten auch Netzwoche und SRF. Eine zentrale Botschaft der Kampagne lautet: «Einbau ist günstiger als Umbau».

Seit über 20 Jahren setzen wir uns für die digitale Barrierefreiheit ein. Es freut uns, dass sich Verbände und andere Organisationen ebenfalls für dieses Thema einsetzen. Dass Einbau günstiger ist als Umbau, kommunizieren auch wir immer wieder: Die Umsetzung von barrierefreien digitalen Lösungen kann mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Jedoch bleiben diese Kosten in einem überschaubaren Rahmen, sofern Auftraggebende und Umsetzende die Barrierefreiheit von Anfang an bei der Entwicklung und beim Inhalt berücksichtigen.

Kosten vs. Nutzen

Die Diskussion über die Kosten von barrierefreien Websites und Apps ist ein wichtiger Aspekt, der oft missverstanden wird. Selbst wenn die Implementierung von Barrierefreiheit einige zusätzliche Ressourcen erfordern kann, zahlt sich diese Investition in vielerlei Hinsicht aus. Zum einen erweitert sie die Zielgruppe erheblich, da barrierefreie Lösungen von Menschen mit Behinderungen benötigt werden, zudem kommt noch die Gruppe der älteren Personen dazu, welche genauso von der Barrierefreiheit profitieren. Dies führt zu einer größeren Reichweite und je nach dem letztendlich zu einem höheren Umsatz.

Darüber hinaus sollte bedacht werden, dass die Anforderungen an Barrierefreiheit in vielen Fällen nicht aufwendiger sind als andere Aspekte der Webentwicklung. Ein bewusstes und inklusives Design von Anfang an kann dazu beitragen, die zusätzlichen Kosten minimal zu halten. Oftmals sind es auch fehlendes Wissen und Know-how bei den Auftraggebenden und Agenturen, die die Kosten in die Höhe treiben. Hier besteht ein Bedarf an Schulungen und Sensibilisierung.

Häufig wird dabei übersehen, dass dieser gezielte Wissensaufbau eine Investition in die Fähigkeiten der eigenen Mitarbeitenden darstellt, zeitgemässe, hochqualitative, und eben barrierefreie digitale Inhalte überhaupt zu konzipieren und umzusetzen. Welche IT-Agentur kann es sich denn heute noch leisten, diese Skills nicht aufzubauen? Auf alle Fälle nicht jene, die weiterhin in Projekten der öffentlichen Hand tätig sein wollen. Dort werden diese Kenntnisse und Fähigkeiten sehr bald standardmässig vorausgesetzt, anstatt dass sie wie derzeit aufwändig für nur ein Projekt erworben werden müssten.

Autonomes Leben und gesetzlicher Rahmen

Barrierefreiheit im Internet ist nicht nur eine Frage der Kosten, sondern primär auch eine Frage des sozialen Wandels und der gesellschaftlichen Verantwortung. Barrierefreie Websites und Apps fördern und unterstützen das autonome Leben von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen. Sie ermöglichen den Zugang zu Informationen, Dienstleistungen und sozialer Teilhabe, was für die Lebensqualität und die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen von entscheidender Bedeutung ist.

Allerdings ist klar, dass Sensibilisierung allein nicht ausreicht. Ein gesetzlicher Rahmen ist oft notwendig, um sicherzustellen, dass Barrierefreiheit nicht nur als freiwillige Massnahme betrachtet wird. Gesetze und Vorschriften schaffen klare Standards und Anreize für Unternehmen, in barrierefreie Technologien zu investieren.

Die neue Studie zur Barrierefreiheit von Mobile Apps

Digitale Barrierefreiheit betrifft längst nicht mehr nur Websites, sondern auch vermehrt Mobile Apps. In diesem Jahr wird die Stiftung «Zugang für alle» eine neue Studie zur Barrierefreiheit von Mobile Apps veröffentlichen. Diese Studie wird Einblicke in die aktuelle Situation in der Schweiz bieten und die Bedeutung von barrierefreien mobilen Anwendungen hervorheben.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Barrierefreiheit im Web und in digitalen Anwendungen in der Schweiz nicht nur eine Frage der Kosten ist, sondern eine Frage der sozialen Verantwortung und der Chancengleichheit. Die Stiftung «Zugang für alle» setzt sich seit der Gründung aktiv für diese Ziele ein. Die kommende Studie zur Barrierefreiheit von Mobil Apps wird zweifellos weitere Erkenntnisse liefern und hoffentlich dazu beitragen, dass Barrierefreiheit in der digitalen Welt der Schweiz zur Norm wird, und nicht zur Ausnahme.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .