Onlineshopping in den Zeiten von Corona

Es ist Ende März. Die Schweiz befindet sich in einer «ausserordentlichen Lage», in der das Bundesamt für Gesundheit uns alle auffordert, möglichst zuhause zu bleiben. Der Grund dafür ist ein winzig kleines Ding namens SARS-CoV-2, ein neues Coronavirus. Auch wenn die Lebensmittelgeschäfte weiterhin geöffnet bleiben dürfen, sind in den vergangenen zwei Wochen viele Kund·innen auf Onlineshopping umgestiegen. Toilettenpapier, Hefe, Pasta und Co. werden online bestellt. Die Mitarbeitenden der grossen Lebensmittelläden leisten Sondereinsätze, um möglichst viele Lieferzeiten anbieten zu können.
Essenslieferant auf Motorrad unterwegs mit Kiste auf Gepäckträger. Der Hintergrund zeigt eine belebte Strasse bei Nacht und verschwommen.

Online einkaufen, das machen jetzt alle. Alle? Einige von uns begegnen dabei unüberwindbaren Hindernissen. Viele Onlineshops sind nämlich leider nicht barrierefrei. Zwei Szenarien dazu.

Szenario 1

Wir arbeiten normalerweise in unserem Büro in Zürich-Oerlikon. Häufig holen wir uns zum Zmittag etwas beim Bäcker um die Ecke oder im asiatischen Take-Away-Restaurant drei Strassen weiter. Jetzt aber sind wir alle im Home Office. In der täglichen Arbeit läuft das sehr gut. Beim Zmittag zeigen sich erste Hürden. Mein blinder Kollege, auch er im Home Office, möchte sich etwas zum Essen bestellen. Die Website des Anbieters, für den er sich entschieden hat, bietet von Pizza über Falafel bis Hörnli mit Ghackets fast alles. Bloss muss er sich seinen Wunschfalafel selber zusammenstellen. Das Formular dazu ist leider nicht zugänglich. Es zeigt eine Fehlermeldung an, dass er noch nicht alle Optionen ausgewählt hat – bloss wird ihm diese nicht vorgelesen. Dem Screenreader (Vorlesesoftware) entgeht die Meldung, weil sie nicht richtig programmiert wurde. So merkt mein Kollege zwar, dass er nicht weiterkommt, aber warum das so ist, findet er erst mit meiner Hilfe heraus.

Szenario 2

Was machen wir, jetzt wo wir keine Freunde treffen, keine Versammlungen abhalten, keine Kinos besuchen können? Viele von uns sind viel mehr zuhause. Jetzt könnte man endlich selber Brot backen, wo man mal Zeit dazu hat. Die Kollegin mit Asperger möchte sich das Baguette-Blech kaufen, das sie empfohlen bekommen hat. Erhältlich ist es zum Beispiel in einem der grossen Haushaltwaren-Onlineshops. Auf der Startseite ein Ticker, der anzeigt, wer gerade was bestellt hat – er tickt unaufhörlich. Darüber ein Slider, in dem sich fünf aktuelle Rabattangebote abwechseln. Pausieren, beenden oder ausblenden lässt sich beides nicht. Für Menschen mit kognitiven Behinderungen sind solche Seiten zu «laut», vieles schreit ständig nach Aufmerksamkeit. Die Reizüberflutung ist sofort da. Die Kollegin weicht entweder auf einen anderen Shop aus, der für sie weniger Anstrengung bedeutet. Oder sie backt einen Kuchen statt Baguette. Für den Onlineshop, der die Reizüberflutung auslöst, ist sie eine verlorene Kundin. Eine von vielen.

Résumé

Onlineshopping will für alle da sein. Den Seitenbetreibern ist in der Regel nicht bewusst, dass einige ihrer Kund·innen Hilfe in Anspruch nehmen müssen, um den gewünschten Kauf abschliessen zu können. Auch dass sie potenzielle Käufer·innen verlieren können, ist vielen nicht klar. Was wir in den Onlineshops sonst noch angetroffen haben, davon berichten wir in Kürze wieder hier.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .