Zugängliche Websites: Grundlagen für Blinde

Dass blinde Personen überhaupt eine Chance haben, mit Computern und dem Internet zu arbeiten, ist auch heutzutage, trotz viel guter Öffentlichkeitsarbeit, für manche Leute unvorstellbar; und noch viel unvorstellbarer ist, dass die Arbeit mit Computern das Leben für blinde Menschen um vieles erleichtert, ja sogar bereichert. Als selber blinder PC-Anwender erlebe ich jedoch die Wahrheit dieser beiden Fakten jeden Tag aufs neue.
Laptop

Aber wie arbeiten blinde Menschen überhaupt mit dem PC? Und wie gelingt es ihnen, sich auf Internetseiten zu orientieren?
Im folgenden sollen diese Fragen kurz beantwortet werden. Der Text hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit (Anwender und Kenner von Alternativen sind immer eingeladen, diese in den Kommentaren zu erwähnen); ich werde Ihnen lediglich meinen ganz eigenen Arbeitsplatz vorstellen.

Die Ausrüstung

In den meisten Fällen benutzen Blinde einen handelsüblichen PC, um auf das Internet zuzugreifen – bei mir steht zum Beispiel ein Laptop Computer von HP. Oftmals werden auch unter Blinden Microsoft Betriebssysteme und -Browser verwendet (Firefox ist seit kurzem auch zugänglich).

Zusätzlich wird nun auf dem «normalen Computer» ein so genannter Screen Reader (Ein Bildschirm-Lese-Programm) installiert, welches den Zugang zum System erst ermöglicht: Das Programm, wie der Name schon sagt, überwacht den Text, der am Bildschirm ausgegeben wird und gibt ihn in einer für Blinde gerechten Form weiter:
Entweder wird der Bbildschirminhalt schlicht vorgelesen (mit Hilfe einer synthetischen Sprachausgabe, die als Soft- oder Hardware verfügbar ist); oder der Text wird an eine Braillezeile weitergeleitet, welche an den Computer angeschlossen ist und jeweils eine Zeile Blindenschrift darstellen kann.

Welcher dieser Ausgabemethoden verwendet wird (ob Sprache, Braille, beides oder kombiniert mit Bildschirmvergrösserung), hängt von individuellen Bedürfnissen und Ffähigkeiten ab.
Bei mir läuft zur Zeit vorwiegend ein Windows Screenreader mit Namen JAWS For Windows; als Ausgabemöglichkeiten verwende ich die im Lieferumfang vom Screenreader enthaltene Sprachausgabe sowie eine SuperVario Braillezeile.

Spezialfall Internet

Bei Internetseiten greift der Screen-Reader meistens nicht auf den eigentlichen Bildschirminhalt, sondern direkt auf den HTML-Quellcode zu. Die Internetseite wird danach nicht so angezeigt, wie eine sehende Person sie wahrnehmen würde, sondern in einer für Blinde speziell geparsten Version (einfach erklärt werden die Elemente auf einer Seite jeweils untereinander und in der Reihenfolge, wie sie in der HTML-Datei erscheinen, ausgegeben).

Möglichkeiten

Mit dieser Ausrüstung lassen sich viele Gängigen Computerprogramme und Internetseiten bedienen. Der Screen-Reader liesst das gewünschte vor, sucht auf Wunsch nach bestimmten Zeichenfolgen oder kann, vor allem im Fall von Internetseiten, Listen von bestimmten Elementen (z.B. Überschriften) erstellen und diese direkt anspringen.

Einschränkungen

Sehr eingeschränkt ist die Unterstützung des Mauszeigers. Da dieser schlecht wahrgenommen werden kann ohne Augen, arbeiten Blinde vorzugsweise mit der Tastatur, verwenden Hotkeys wo immer es geht und sind übrigens dabei genau so schnell wie ihre sehenden Kollegen.
Das weitaus grössere Problem sind jedoch grafische Inhalte, die vom Screen-Reader schlicht nicht erkannt werden: Sobald ein Inhalt (auch ein Text) als Grafikdatei in einem Computerprogramm oder auf einer Internetseite angeboten wird, besteht keine brauchbare Möglichkeit mehr, darauf zuzugreifen. Der Screen-Reader liesst in dem Fall meistens den Dateinamen (in wiefern dieser den Blinden Anwender weiterbringt, ist fraglich) oder, falls ein solcher definiert ist, den so genannten Alternativtext, den Webdesigner und Programmierer den Bildern hinzufügen können.

Fazit Grundlagen der Zugänglichkeit

Obwohl wir bislang nur die Ooberfläche der Thematik gestreift haben, sollen hier drei wichtige Punkte zur Zugänglichkeit aufgeführt werden:

    • Ein Screen-Reader kann listen von Elementen (Überschriften, Links etc.) nur dann darstellen, wenn die Elemente den Richtlinien entsprechend definiert wurden. Die Listen machen nur dann Sinn, wenn die Elemente verständliche Titel haben (wenn man weiss, wohin man springt).
    • Grafische Elemente sind für den Screen-Reader und seinen Anwender grundsätzlich nicht zugänglich. Es muss eine Alternative angeboten werden, die einem blinden den entsprechenden Inhalt in Form eines Textes vermittelt. Dies gilt insbesondere für grafische Links, hingegen absolut nicht für nur der Illustration dienenden „Spacer Grafiken“.
    • Die Maus ist bei vielen Blinden Tabu. Internetinhalte und PC-Anwendungen sollten daher ohne ihre Verwendung auskommen. Beim speziellen Hinzufügen von Tasten-Kombinationen (sog. Access Keys) ist darauf zu achten, dass keine bereits bestehenden, vom Browser verwendeten, Short Cuts überschrieben werden.

Fortsetzung: Webtest 1×1

Worauf muss man konkret achten, wenn man eine für blinde oder anderswie behinderte Personen geeignete Website erstellen möchte?
In den kommenden Wochen werde ich an dieser Stelle die klassischen Punkte eines unserer Webtests durchgehen und Ihnen praktisch zeigen, worauf beim Adaptieren von Websites im Bezug auf Accessibility geachtet werden muss.

Ein Kommentar zu “Zugängliche Websites: Grundlagen für Blinde

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