App-Tip: OMoby Weiss, Was Es Isch – mängisch…

Bei OMoby/ handelt es sich um eine "Visuelle Suchmaschine" mit einer simplen Grundidee: Ich fotografiere ein beliebiges Produkt; OMoby erkennt, was ich fotografiert habe und sagt mir, wo ich es am günstigsten kaufen kann.
Drei Menschen sitzen nebeneinander, die Person in der Mitte hält ein Smartphone in der Hand, eine andere schaut ihr auf den Bildschirm, die dritte Person hält einen Stift in der Hand.

Gerade die Produkte-Erkennung, die in unserem Test erstaunlich gut funktionierte, lässt ein zusätzliches Potential für blinde Menschen erkennen.
Die IPhone-App OMoby gibt’s gratis im App-Store.

Gar nicht für Blinde

In diesem Blog haben wir schon einige Male gezeigt, wie Menschen mit Behinderungen moderne Technologien nutzen können, um «Alltagsbarrieren» abzubauen: So kann eine Handy-Kamera von blinden Personen auch als Licht-Detektor eingesetzt werden; oder es wird die Web-Cam des PCs verwendet, um im Rahmen des Projekts KlickBlick eine Verbindung zu einer sehenden Assistenzperson herzustellen, die etwa ein von Hand geschriebenes Dokument vorlesen kann.

Auch bei OMoby geht es um Produkte-Erkennung. Das Tool, welches zur Zeit für Apple Smartphones kostenlos im App-Store erhältlich ist, greift auf die im Mobiltelefon vorhandene Kamera zurück, mit welcher ein beliebiges Produkt fotografiert werden kann. Getreu ihrem Motto «If you can see it, we can find it» versucht die App, das Produkt zu erkennen; danach werden zum gefundenen Gegenstand passende Such-Resultate bekannter Online-Shops durchgeführt. OMoby ist also ein Shopping Assistant, welcher den Einkäufer dabei unterstützt, die Preise eines Produktes bei verschiedenen Anbietern zu vergleichen.

Menschen mit Behinderungen kommen in OMoby’s offizieller Produkte-Beschreibung gar nicht vor; es ist sehr wahrscheinlich, dass die Entwickler dieser Applikation nicht daran dachten, ein Produkt zu schaffen, welches insbesondere von blinden Personen häufig genutzt werden sollte.

I Weiss Nid, Was Es Isch…

Doch genau das passiert. OMoby wird von blinden Menschen auf der ganzen Welt wie wild heruntergeladen, ausprobiert und diskutiert. Preise vergleichen wollen dabei aber die wenigsten User. Sie interessieren sich viel mehr für die Produkte-Erkennung, die «Visual Search Engine» von IQ Engines, welche versucht, das fotografierte Produkt so präzise wie möglich zu erkennen. Blinde Menschen wollen wissen, ob ihnen OMoby im Alltag helfen kann, insbesondere dann, wenn sie nicht nur feststellen: «I weiss nid, Was Es Choschtet», sondern viel fundamentaler: «I Weiss Nid, Was Es Isch».

Oder konkret: Ist ein Handy fähig, Ravioli- und Fruchtsalat-Konserven voneinander zu unterscheiden? Differenziert es zwischen Himbeer- und Natur-Joghurt? Erkennt es fremdländische Banknoten? Und schafft es Ordnung in einer grossen DVD-Sammlung?

IQ Engines scheinen voll und ganz daran zu glauben: «Man kann es sehen, wir können es finden» ist ihr Motto. Und tatsächlich setzen sie einiges daran, dem Anspruch gerecht zu werden: Jedes hochgeladene Bild wird während etwa einer halben Minute automatisch analysiert und mit einer Datenbank bestehender Bilder verglichen. Wird so kein Suchresultat erzielt, greift die Anwendung auf echte Personen zurück (das Fremdwort hierzu heisst übrigens «Crowd-Sourcing»), welche sich die Bilder anschauen und korrekte Beschreibungen liefern.

Aprikosen-Joghurt und 40-Dollar-Noten: UNSER KURZTEST

Klingt Spannend? Habe ich mir auch gedacht! Und darum die App auf mein IPhone 3GS geladen (Sehen Sie hier, wie eine blinde Person dank dem eingebauten VoiceOver Screen-Reader mit Apple-Geräten arbeiten kann).

In einem Kurztest griff ich auf einige Gegenstände zurück, welche sich in meiner unmittelbaren Umgebung befanden und liess diese von OMoby und der IQ Engines Bild-Erkennung analysieren.

Der erste Teil war enttäuschend: OMoby erkannte zwar mein Armbändeli («Wrist Band»), meine eigenen «Finger», ja sogar den Holztisch («Wooden Table») an welchem ich sass… Nur, dass ich keines dieser Produkte wirklich erkennen wollte. Es kostete mich an die 7 Versuche, bis ich gelernt hatte, die IPhone-Kamera so zu positionieren, dass der korrekte Bildausschnitt fotografiert wurde.

Medikamente, Bücher, DVDs: Hier wurde ich von OMoby ganz positiv überrascht. Zwar liefert die Software keine Ellen langen Produkt-Beschreibungen. Als Resultat wurde etwa «Beyond Chocolate» (der korrekte Produkte-Name, jedoch ohne Untertitel «Understanding Swiss Culture») ausgegeben. Ähnlich lieferte die App beim Fotografieren von Medikamenten-Verpackungen den vollen Namen des Präparats, die in der Packung vorhandene Menge wurde nicht identifiziert. Ob es genügt, nur «Ecdl» zu erkennen, wenn ich die «ECPhoto by Adam Wilson on UnsplashDL Schulungs-DVD» in die Kamera halte, ist fraglich. Und definitiv mehr Details wünschte ich mir, als OMoby eine DVD mit «Harry Potter Cast» beschrieb, mir jedoch nicht verriet, um welche Folge der X-teiligen Serie es sich handelte.

Der Kühlschrank: Zugegeben – ich testete noch nicht sehr viele Lebensmittel; und jene, die ich testete, bedurften auch wieder mehrerer Fotografier-Versuche. Nach einigen Gewöhnungs-Übungen erkannte OMoby jedoch erfolgreich prominente Getränkeflaschen (etwa Coca-Cola). Und mein persönliches Erfolgs-Erlebnis war, als mir die App korrekt den Inhalt eines Joghurts verriet: Als ich nicht sicher war, ob ich ein Mocha- oder ein Aprikosen-Joghurt vor mir hatte, wurde «Apricot Food Product» vom Scanner erkannt – HAMMER!

Banknoten: Aufgrund vieler Ausland-Aufenthalte hat sich bei mir ein grosses, unordentliches Bündel in- und ausländischer Geldscheine angesammelt, welches ich gerne einmal aufräumen wollte. OMoby hatte meistens ein leichtes Spiel, die Herkunft einer Banknote zu ermitteln. So stand im Suchfeld etwa «Canadian Dollar» oder «La Suisse». Das ist ein Anfang – bei Banknoten, deren Wert etwas zählt, jedoch noch ungenügend. Nach mehreren Versuchen gelang es meinem IPhone, einigen Schweizer Banknoten den korrekten Wert zuzuweisen («Zwanzig Franken» stand etwa im Resultat). Die App machte aber einen gewaltigen Fehler, als sie mir eine «40 Canadian Dollar» Note präsentierte. (Eine 40er-Dollarnote? Gibt’s das überhaupt?)

Fazit

Eigentlich hätte es sich um 10 Kanadische Dollar gehandelt – das erfuhr ich aber erst, als ich den Schein in unserem Büro herum zeigte. 🙁

Scheint also, dass man auch mit OMoby noch an einige Grenzen kommt, an den Punkt, an dem ma nbesser entschliesst, der Software auf dem Handy nicht voll und ganz zu vertrauen. Die Grenzen wurden aber definitiv ausgeweitet: Schienen Produkte mit dem Tastsinn nicht ohne weiteres unterscheidbar (Esswaren, DVDs, Bücher), habe ich nun eine möglichkeit, immerhin zu versuchen, den Inhalt schnell, günstig und unkompliziert zu ermitteln.

Auch Grund zur Hoffnung: Die Visuelle Suchmaschine von IQ Engines scheint sich in weitere Applikation einbauen zu lassen. Möglich, dass jemand das volle Hilfs-Potential für blinde Menschen erkennt und eine speziell auf deren Bedürfnisse ausgerichtete Software entwickelt.

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