Deutlicher als geplant: Facebook-Aktion der Schweizer AIDS-Hilfe macht Ausgrenzung für alle erlebbar; nur blinde werden ausgegrenzt

Eine Aktion der schweizerischen AIDS-Hilfe sollte Ausgrenzung erlebbar machen, dabei aber tatsächlich eine Bevölkerungsgruppe ausgegrenzt.
Abgemagerter Mann mit dreckiger Haut sitzt zusammengekrümmt auf den Stufen vor einem Hauseingang. Eine Hand hält er vor dem Gesicht, die andere hat er auf seinem Knie abgestützt.

Für den heutigen Welt-AIDS-Tag hat sich die AIDS-Hilfe Schweiz etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Mittels der FaceBook-Applikation Red Ribbon Now» wurde heute vielen Facebook-Anwendern die schockierende Mitteilung angezeigt: «49 Freunde haben dich verlassen». Mit der Aktion will die AIDS-Hilfe auf das Schicksal der über 25’000 HIV-positiven Menschen in der Schweiz aufmerksam machen, die auch heute noch, und trotz grossartiger medizinischer Fortschritte, in ihrem Umfeld mit Ängsten und grundloser Ausgrenzung konfrontiert sind. Klickt der irritierte Facebook-Anwender nach Erhalt der unangenehmen Nachricht auf den Link «Warum wurdest du als Freund entfernt?» wird sofort eine Info-Seite eingeblendet. Auf dieser werden alle Besucher über Sinn und Zweck der Aktion aufgeklärt, sowie darüber, dass in Wirklichkeit natürlich alle Freunde noch da seien…

Alle Besucher? – Nein, nicht ganz!

Leider ist die Information, die das plötzliche Verschwinden so vieler Freunde erklärt, für blinde Screen-Reader-Anwender nicht auf der Info-Seite verfügbar. Sie finden statt dessen nur einen grafischen Link mit dem nichts sagenden und herzlich uneinladenden Alt-Text «Hier Klicken» – und selbst dann, wenn sie auf die Idee kommen diesen Link zu aktivieren, erscheinen wiederum keine die Aktion erläuternden Informationen, sondern die ersten Aufforderungen, «Red Ribbon Now» den Zugriff aufs eigene Profil zu gewähren. Wer Blind ist, muss schon in Google nachforschen, um die Pointe der Aktion zu verstehen.

Fazit: Mit der diesjährigen Facebook-Aktion hat die Schweizer AIDS-Hilfe vielen Menschen wohl zum ersten Mal ein Beispiel virtueller Ausgrenzung geliefert; den blinden Menschen jedoch nicht: Denn mit nicht korrekt beschrifteten Grafiken und fehlenden Inhalten haben diese auch sonst schon genug zu kämpfen. Auch bei dieser Aktion werden sie sehr irritiert stehen gelassen – also ausgegrenzt – einfach einmal mehr.

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